Ein Mann im Ohr

Ich hatte nie das Gefühl, dass ich eine Muse, oder gar einen kleinen Mann im Ohr habe, aber inspiriert war ich schon immer ohne viel Mühe. Hin und wieder kommt es vor, dass ich gefragt werde woher ich meine Ideen für unser Zuhause nehme, wie ich darauf gekommen bin, mir aus diesem oder jenem ein neues Teil zu werkeln, woher mein Basteldrang kommt und meine zahlreichen Bilder und Illustrationen, die ich liebevoll male und für weitere Projekte aufhebe. Um ehrlich zu sein, kann ich diese Fragen nie pauschal beantworten.

 

Schon als Kind habe ich es geliebt in Traumwelten einzutauchen, in der Schule habe ich so einiges verträumt (und bin froh darum) und Zuhause hatten meine Eltern eine unkonventionelle, aussergewöhnliche Kulisse für kleine Träumer geschaffen. Wie gerne wäre ich in den Bildern, die meine Eltern gemalt hatten auf Erkundungstour gegangen. Wie gerne wäre ich einmal so 'klein' gewesen, dass ich mit den Legomännchen am Tisch hätte sitzen oder Barbies Kleider anprobieren können. Und wie wundervoll war es immer gewesen, meinen Papa zu beobachten, der ein unvergleichliches Talent hat, Dinge zu erschaffen, interessant zu erzählen und Faszination zu wecken für alles was uns umgibt. Ein Käfer kann damit das grösste auf der Welt sein, die Welt kann bunt gezaubert werden und in der Phantasie ist ohnehin einfach alles möglich... auch ohne Muse

 

 

Also standen wir da und 'bastelten' uns im Garten einen Regenbogen, nahmen die Natur genauestens unter die Lupe und schnitzten im Wald Kleinigkeiten aus trockenen Zweigen. Am Sonntag machten wir unseren geliebten Marmorkuchen und bauten Staumauern in Bächen. Jeder Tag war anders und voll von Entdeckungen. Wenn in Disneys 'Aschenputtel' einen gute Fee, einen Kürbis in eine Kutsche verwandelte, so war es für mich eigentlich nichts besonders Aussergewöhnliches... hatte ich doch den Eindruck, alles sei möglich und machbar auf der Welt. Ich baute mir bald selbst Kleinigkeiten aus Holz und Papier und nichts lag näher, als mich nach der Schule beruflich in diese Richtung zu orientieren. So lernte ich meine Ideen noch besser umzusetzen und Lösungen zu finden, die alles möglich machen, was der kreative Tatendrang so den ganzen Tag vor sich hinmurmelt.

 

 

Wenn ich heute durch die Welt gehe, sehe ich sie mit genauso viel Detailverliebtheit und Faszination wie damals. Ich freue mich an alle den tollen Designs und Ideen, die andere Träumer umgesetzt haben und ich geniesse es unbeschreiblich eigene Ideen Zuhause selbst planen und umsetzen zu können, dass es zu einem richtigen Wohlfühlort wird. Ich freue mich, wenn ich meinen Freund überraschen kann und dass wir den selben Geschmack haben. Sollte ich irgendwann das Bedürfnis haben, in einem überdimensionalen Osterei zu wohnen, so wird mich wohl kaum jemand davon abhalten können, es auch in die Tat umzusetzen.

 

Mit offenen Augen, vor allem aber mit offenem Herzen, durch die Welt zu gehen hat den grossen Vorteil, dass alles auf wundersame Weise Inspiration sein kann. Den Drang und die Lust am umsetzten kommt ganz von alleine, weil so unendlich vieles machbar ist. Ich träume davon, und glaube daran, auch beruflich wieder kreativ zu arbeiten. Möglich ist alles... und bis es soweit ist, dürfen die Musen dieser Welt gerne weiterküssen, die Männer im Ohr Ideen zuflüstern und kreative Geister ihr bestes Blatt aus dem Ärmel ziehen.